Abbildung 18: Die Speicherung von Attributen nach dem Prinzip
der ``kognitiven Verdichtung''(nach COLLINS/QUILLIAN 1969) (Quelle:
ANDERSON: 148)
Die mit dem Konzept VOGEL verknüpfte Eigenschaft hat Flügel, hat Federn, kann fliegen gilt für alle seine Unterbegriffe wie Rotkehlchen, Spatz, Kanarienvogel, Amsel, Taube oder beispielsweise Lerche. Die Information kann direkt aus der Ober-Unterbegriffsbezeichnung abgelesen werden, und braucht im Unterschied zum Merkmalmodell nicht noch einmal bei jedem Unterbegriff abgespeichert zu werden.
Hinsichtlich der Verarbeitung eines Konzepts nehmen die Vertreter des
Netzwerkmodells an, daß sich die semantische Aktivierung auf die
assoziierten Konzepte ausdehnt. Je stärker ein Begriff mit dem aktivierten
Konzept verknüpft ist oder je näher er diesem innerhalb des Netzwerkes
liegt, desto stärker wird auch er von der semantischen Aktivierung
erfaßt. Im Prinzip kann eine Information, die zu einem Konzept abgerufen
werden kann, unendlich sein. Der Zugriff auf das mentale semantische Lexikon
läßt sich nach dem ``spreading activation''- Ansatz beschreiben.
Die semantische Aktivierung kann sich analog zu den im Gehirn aktivierten
Aktionspotentialen im Laufe von einigen hundert Millisekunden über
die Knoten und Verbindungen im Netzwerk ausbreiten und dann entweder passiv
abklingen oder durch einen Hemmprozeß
aktiv gemindert werden.
Abschließend kann festgehalten werden,
daß die lexikalische Organisation des semantischen Wissens Einfluß hat auf die Verarbeitung von Wörtern und Sätzen.Dieses Phänomen ist in der Psycholinguistik vor allem mit der sogenannten Priming-Methode demonstriert worden. Die experimentelle Psychologie konnte nachweisen, daß bei Wortentscheidungsaufgaben, bei denen ein zusätzliches Wort vorangestellt wurde, die Entscheidung im Sinne von Bahnung oder Hemmung beeinflußt. Ein Wort, wie beispielsweise Hund wird in einer Wortentscheidungsaufgabe schneller erkannt, wenn zuvor ein semantisch verwandtes Wort, wie Katze dargeboten wird. So kann davon ausgegangen werden, daß semantische Verwandtschaft zwischen dem zunächst dargebotenen Stimulus (Prime) und dem Zielitem (Target) das Erkennen des Zielitems bahnt. Jean Aitchison verwendet für den Sachverhalt des Netzwerkmodells die Bezeichnung ``Spinnennetz'', so daß die Wortbedeutungen
(SCHWARZ/CHUR 1993:75)
zu einem riesigen multidimensionalen Spinnennetz verwoben sind, in dem jede Einheit zu Dutzenden anderer Einheiten in Verbindung steht.
(AITCHISON 1997:105)